Kampf der Kulturen oder wachsender Erfolg und zunehmende Mitarbeiterzufriedenheit? Das geht auch ohne Diversity Management. Mit gelingt es aber nachweislich einfach besser und das lohnt sich nicht nur unterm Strich für alle involvierten Parteien.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Diversity Management?
In jedem Unternehmen kommt es mit steigender Anzahl der Mitarbeiter zu einer Diversität von Personen. Diese Vielfalt kann in der Verschiedenheit von Kultur, Geschlecht oder Religion liegen. Als wichtige Säule des modernen Personalmanagements besonders in den Bereichen Personalplanung und Personalentwicklung beschreibt das Diversity Management (auch Managing Diversity oder kurz DiM), im Deutschen etwa Vielfaltsmanagement oder Management der Vielfalt, die positive Anerkennung und Nutzbarmachung der individuellen Verschiedenheit für den Unternehmenserfolg.
Die Zielsetzung besteht darin, die erfolgsrelevanten Aspekte der Vielfalt herauszufiltern, zu fördern und die unterschiedlichen, individuellen Kompetenzen, Eigenschaften, Haltungen und kulturellen Hintergründen zu kanalisieren und so auf die Unternehmensziele bzw. dessen Umsatz und Gewinn positiv einzuwirken.
In der Theorie verbirgt sich dahinter die Annahme, dass sie aufgrund ihrer Herkunft, der Sozialisierung und der Mentalität ganz anders und zuweilen kreativer sowie effizienter an problematische Aufgabenstellungen herangehen.
Dieser Ansatz berücksichtigt die Verschiedenheit der Beschäftigten, möchte diese zum Vorteil aller Beteiligten nutzen. Dabei folgt das Diversity Management im europäischen Raum, vor allem der Dynamik der Internationalisierung.
Diversity Management – Definition und Geschichte
Zum ersten Mal in der Geschichte trat der Begriff bzw. der Ansatz eines Begriffs des Diversity Managements in der Debatte auf, die in den USA in den 1960ern um Gleichberechtigung losgetreten worden war. Dort ging es bei der historischen Überlappung von Frauenrechtsbewegung und der Bürgerrechtsbewegung hauptsächlich um Chancengleichheit, die bei der augenscheinlichen Benachteiligung von Frauen und Menschen anderer Hautfarbe so deutlich zutage trat, dass sie gar nicht mehr von der Hand zu weisen war.
Das Diversity Konzept schwappte dann von der anderen Seite des großen Teichs nach Europa über. Im Zuge der interkulturellen Öffnung drehte sich das Management der Vielfalt im Frühstadium zu Beginn der 1990er zunächst hauptsächlich um die Vermeidung von Diskriminierung bei der Stellenvergabe und die Förderung von innerbetrieblicher Toleranz.
Im deutschsprachigen Unternehmenskontext bezeichnet das Diversity Management seit Anfang der 1990er-Jahre eine interkulturelle Managementkompetenz, die im Personalmanagement, besonders in der Personalplanung und -entwicklung angewendet wird. Ziel ist es, Personalprozesse und Personalpolitik von Unternehmen so auszurichten, dass einerseits die Belegschaft die demografische Vielfalt des Geschäftsumfeldes widerspiegelt sowie andererseits alle Mitarbeitenden Wertschätzung erfahren und motiviert sind, ihr Potenzial zum Nutzen des Unternehmens einzubringen. Wie intensiv sich Firmen mit dem Thema Cultural Diversity Management auseinandersetzen und dieses auch in die Unternehmensziele integrieren, hängt dabei nicht nur von der Firmengröße, sondern auch von den Firmenzielen ab.
Im Prinzip nimmt das Management der Vielfalt den Artikel 3, Absatz 3 des deutschen Grundgesetzes auf.
Dieser lautet:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.”
Diversity Management als ganzheitliches Konzept
Dennoch dient das Diversity Management Konzept nicht, wie oft fälschlicherweise angenommen, ausschließlich der Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Die Diversity Management Bedeutung ist vielmehr daran gekoppelt, dass ein ganzheitlicher Plan in Kraft tritt, der den Umgang mit personeller und kultureller Vielfalt in der Organisation – zum Nutzen aller Beteiligten – umsetzt. Auch wenn viele Maßnahmen personalpolitischer Natur sind, ist Managing Diversity ein Thema, das sich auf alle Bereiche des Unternehmens bezieht.
Die personelle Vielfalt der Belegschaft soll sich positiv auf alle Geschäftsfelder auswirken und erfolgreich für Absatzmärkte, Kundengruppen, Produkte, Lieferanten und andere Geschäftspartner nutzen lassen. Die Vielfalt der Arbeitenden soll sich im Unternehmen widerspiegeln – in der Vielfalt seiner Produkte, seiner Ideen sowie in der Art, Geschäfte zu betreiben.
Bei genauerer Betrachtung der Situation auf dem Weltmarkt liegen die Diversity Management Vorteile und der Diversity Management Nutzen klar auf der Hand. Hierbei spielen die Bevölkerungsstruktur und der demografische Wandel genauso eine entscheidende Rolle wie die Ausweitung der marktwirtschaftlichen Globalisierung. Und selbstverständlich hat die allgegenwärtige Digitalisierung ebenso ihre Finger im Spiel. Die Folge: ein zunehmend internationaler und facettenreicher Kundenstamm, dessen Bedürfnisse immer mehr an Gewicht gewinnen und mit der entsprechenden Ansprache Wettbewerbsvorteile erzielen, die sich anders vielleicht nicht hätten realisieren lassen.
Diversity, was sich von dem lateinischen Begriff diversitas ableiten lässt, findet in der Übersetzung seinen Platz unter der bereits erwähnten Vielfalt und bei bei Begrifflichkeiten wie Verschiedenartigkeit sowie Unterschiedlichkeit.
Diese lassen sich im ersten Schritt an inneren Faktoren festmachen:
- Geschlecht
- Bildung
- ethnische Herkunft
- Nationalität
- Behinderung
- Sexuelle Orientierung
- Religion
- Weltanschauung
Der zweite Schritt hingegen unterteilt sich in äußeren Faktoren wie:
- Ausbildung
- Einkommen
- Berufserfahrung
- Gewohnheiten
- Freizeitverhalten
- Familienstand
- Elternschaft
- Geografische Lage
Im öffentlichen Diskurs sind die Diversity Management Maßnahmen längst angekommen. Da ist die seit Januar 2019 geltende Vorschrift, dass transsexuelle Menschen in Stellenanzeigen mit der Kennzeichnung (m/w/d) – sprich männlich, weiblich, divers – zu berücksichtigen sind, nur ein prominentes Beispiel.
Diversity Management Ziele
Wie bereits oben aufgriffen, steht an der vordersten Front des Diversity Managements im Zuge der interkulturellen Öffnung die Erschließung und die Integration von unterschiedlichsten individuellen Kompetenzen, Haltungen, Eigenschaften und kulturellen Hintergründen in eine ganzheitliche und erfolgreiche Philosophie, die den Unternehmenserfolg auf allen Ebenen fördert.
Je nach Zielsetzung lassen sich drei Diversity Ansätze hervorheben:
- Zutritts- und Legitimitätsansatz: Hier bilden wirtschaftliche Gesichtspunkte den Kern und das DiM fungiert vielmehr als strategisches Instrument, um beispielsweise im internationalen Raum landeskundige Verkäufer zu nutzen, die sowohl die Landessprache fließend sprechen, als auch mit den Sitten, der Religion und den Traditionen vertraut sind.
- Diskriminierungs- und Fairnessansatz: Gleichstellung und Gleichbehandlung sowie Chancengleichheit sind die ausschlaggebenden Faktoren für diese Zielsetzung. Neben den kontinuierlichen Diskussionen in den USA ist hierzulande ein bekanntes Diversity Management Beispiel die Debatte über die Frauenquote in Vorstandsetagen.
- Integrativer Ansatz: Hier handelt es sich um eine kombinatorische Ableitung der vorhergenannten Ansätze. Ökonomische Gedankenspielereien haben hier genauso ihren Anteil wie der Wunsch nach einer lückenlos fairen und korrekten Behandlung des Mitarbeiterstabes.
Vor allem der letzte, ganzheitliche Ansatz hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er sich am besten eignet, um eine Unternehmenskultur zu schaffen, von der alle Seiten profitieren. Führungsetage, Personal und eben auch der Endverbraucher. Denn das Diversity Management kann sich als große Hilfe herausstellen, wenn es sich um das Verständnis für Zielgruppen, die Verbesserung des Kundenservice oder einen Schub beim innovativen Denken im Betrieb dreht. Aber damit nicht genug, neue Einflüsse auf Forschung und Entwicklung sind genauso denkbar wie Prozessoptimierung von Entscheidungen durch neue Perspektiven oder die Erschließung von neuen Absatzmärkten bzw. der Aufbau von vorher undenkbaren Geschäftsbeziehungen und Kooperationen.
Abseits des möglichen ökonomischen Aufschwungs profitiert ein Unternehmen auch innerhalb der eigenen Strukturen und in der Außenwirkung vom Konzept Diversity Management. Die Rede ist vom kleinsten gemeinsamen Nenner: Dem Personal bzw. jedem einzelnen Mitarbeiter.
Hier geht vor allem der HR-Abteilung ein Herz auf, da nachgewiesenermaßen bei richtig bzw. erfolgreich angewandtem Management der Vielfalt die Mitarbeiterzufriedenheit steigt, da die Teams eine Wertschätzung erfahren und ein Gefühl des Verstandenwerdens einsetzt.
Darüber hinaus garantiert die Vielfalt und der rege Austausch eine inspirierendes und spannende Arbeitsumgebung. Das Recruiting von Toptalenten und High Potentials fällt aufgrund des positiven Arbeitsumfeldes und des Unternehmensimages deutlich einfacher. Die Internationalität des Betriebes erfährt nach außen Aufmerksamkeit, während innerbetrieblich die kulturelle Bereicherung der Unternehmenskultur spürbar ist. Genau diese Faktoren können zu einer stärkeren Mitarbeiterbindung führen.
Welche Vorteile bietet Diversity Management?
Aktives Diversity Management innerhalb von Unternehmen verfolgt stets konkrete und messbare Ziele. Folgende Effekte können im Zusammenhang mit Diversity Management beobachtet werden:
- Vorteile beim Recruiting (Personalgewinnung)
- Marketing
- Internationalisierungsvorteile
- Erhöhte Innovationsfähigkeit
- Leistungssteigerung
- Mitarbeitermotivation
Konkret wird Diversity Management verwendet, um folgende Ziele zu erreichen:
- Kostenreduktion und Einsparungen durch effektiveren Einsatz der Mittel
- Steigerung der Problemlösungskapazität
- Verbesserung der Innovation und Kreativität
- Höhere Flexibilität der Mitarbeiter und des Unternehmens
- Einbindung der Stakeholder für geringere Streuverluste im Marketing
- Diversifikation des Personals
Die Aufgabenfelder des Diversity Managements in deutschen Unternehmen
Da das Diversity Management erst in den letzten Jahren in die Unternehmensstrategie einfließt, gibt es noch keine klare Definition der Aufgaben. Anerkannte Elemente, die jedoch häufig umgesetzt werden, sind:
- Entwicklung und Umsetzung zielgruppenspezifischer Rekrutierungsstrategien
- Gestaltung alters- und behindertengerechter Arbeitsplätze
- Entwicklung von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Gestaltung von Work-Life-Balance-Angeboten
- Einrichtung interkultureller Teams und Netzwerkgruppen
- Angebot interkultureller Trainings
Diversity Management Umsetzung
Nun stellt also die Frage nach der Umsetzung. Die Koordination für ein erfolgreiches DiM lässt sich wohl bis in die HR-Abteilungen zurückverfolgen. Allerdings liegt die Gestaltung und die gelungene Umsetzung nicht allein in den Händen der Personalmanagerinnen und Personalmanager, sondern sollte wohl vielmehr als Teamarbeit klassifiziert werden.
Hierbei kommt der Unternehmensführung eine besondere Rolle zu. Die Führungsriege muss genau die Punkte vorleben und immer die Bereitschaft zeigen, die eigenen Werte und das eigene Profil immer wieder auf die Probe zu stellen.
Und zusammen sollten vor allem folgende Gedanken in der ersten Reihe stehen:
- Nutzen: Wie und wo kann Diversity Management bei Kundschaft und Klientel, zuliefernden Unternehmen oder Geschäftspartnerschaften zum Einsatz kommen?
- Die Ausgangssituation: Wie setzen sich Belegschaft, Kundschaft und die zuliefernden Unternehmen zusammen? Sind bereits Diversity-Maßnahmen im Gang?
So und nur so kann sichergestellt werden, dass die Ziele der kulturellen Diversität nicht einfach nur ein Label mit leeren Versprechungen sind, sondern auch tatsächlich umgesetzt wird.
Bevor man aber an dem bestehenden System rüttelt, sollte man jedoch zunächst Ziele und Prioritäten auf dem Zettel haben, die man konkret in die Tat umsetzen will.
An dieser Stelle empfiehlt sich ein Meeting mit der Geschäftsführung, um Diversity Themen und Diversity Maßnahmen auszuloten, die innerhalb der Unternehmensstruktur umzusetzen sind. Ein erbarmungsloser und nichts beschönigender Blick ist hier notwendig, um sich ebenfalls mit den unbequemen und kritischen Fragen sowie den wirklichen Problemzonen auseinandersetzen, die über den Tellerrand von „Wie können wir wachsen?“ oder „Welche Fähigkeiten suchen wir?“ hinausgehen.
Fragen wie:
- Warum kommt unsere Strategie beim ausländischen Kundenstamm nicht an?
- Wieso haben wir seit geraumer Zeit keine technischen Innovationen mehr zu vermelden?
- Warum empfinden unsere Kunden unsere Produktpalette als langweilig?
- Weshalb verlassen uns vor allem unsere talentiertesten Mitarbeiter?
In allen diesen Fragen kann das Diversity Management Teil des Rätsels Lösung sein, indem es seinen Beitrag leistet das Arbeitsklima aufzuhellen, um die richtigen Talente an Bord zu holen und auch auf lange Sicht zu binden. Eine vielfältige Belegschaft kann einem auch einen Blick eröffnen, der einem vor verborgen geblieben war und so dabei helfen, internationale Kunden und deren Ansprüche besser zu verstehen. Ganz abgesehen davon, dass sie mit einer ganz neuen Perspektive, die Möglichkeit eröffnen, die Innovationskraft auf ein ganz neues Level zu heben.
Nun aber mal weg von allem dem theoretischen Brimborium!
Stattdessen unternehmen wir den Versuch, mit Vorschlägen einen Mehrwert zu generieren, der in der praktischen Umsetzung Erfolge versprechen könnte und den Diversity Management Nutzen an konkreten Beispielen auch im Zuge des Age Diversity Managements und des Diversity Management Behinderung abbildet.
- Alters- behindertengerechte Arbeitsplätze
- Bereitstellung von Gebetsräumen
- Internationale Kochabende
- Diverse Speiseangebote in der Kantine (vegan, koscher, vegetarisch, halal)
- Awareness-Trainings zum Abbau von Stereotypen
- Gleichstellungsbeauftragte im Unternehmen
- Betreuungsangebote für Mitarbeitende mit Kindern
- Flexible Arbeitszeitmodelle
- Auf Chancengleichheit bei Recruiting-Prozessen konzentrieren und ggf. eine Umstrukturierung in Angriff nehmen
- Konfliktmanagement vermitteln und interkulturelle Kompetenzen stärken
- Sprachkurse anbieten und Sprach-Tandems fördern, um den Abbau von Sprachbarrieren voranzutreiben
- Einführung von Mentoring-Programmen (bereits beim Onboarding)
- Führungskräfte-Coaching zur Sensibilisierung von kulturspezifischen Themen
- Kulturell angepasste Marketingstrategie (Werbung und Kommunikation)
- Abteilungsübergreifende Projekte
Ausnahmslos gute Vorsätze, die natürlich nicht in jedem Unternehmen Umsetzung finden können. Doch sollten auch nur einige dieser Vorschläge aufgegriffen und in die Tat umgesetzt werden, darf ein ganz wichtiger Punkt nicht vergessen werden: Die Verantwortlichkeit.
Eine klar geregelte Rollenverteilung innerhalb und außerhalb der Personalabteilung ist unersetzlich, wenn die guten Intentionen nicht im bürokratischen Unternehmensdschungel untergehen sollen.
Bei der Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden sollte das Recruiting im Recruitment-Prozess immer auf dem Zettel haben, dass Stellenanzeigen nicht den Hauch an Diskriminierungspotenzial offenlegen.
In den Bereich Personalentwicklung bzw. Talent Management fallen hingegen eher Punkte wie Sprachkurse, Awareness-Trainings und Mentoring-Programme sowie Führungskräfte-Fortbildungen zur Thematik, während auf die Anpassung der Kommunikationsstrategie ganz eindeutig aufseiten der Geschäftsführung liegt.
Somit wird klar, wie weitreichend die Eingriffe des Diversity Managements in die Unternehmenskultur bzw. -struktur sind, sodass Erfolgskontrollen unerlässlich bleiben, um am Ende nicht völlig den Überblick zu verlieren.
Diese Kontrollen beinhalten Planung, Umsetzung und Erfolg, sprich: Es müssen Antworten auf Fragen gefunden werden wie:
- Wie lässt sich Diversity Management planen bzw. stärken? Abzuwiegen sind in diesem Zusammenhang die voraussichtliche Dauer der Umsetzung, die Kosten sowie die Diversity Management Chancen und Risiken.
- Wie lässt sich DiM in die Tat umsetzen? Durch Testläufe und ein gewisses Trial-and-Error-Prinzip muss ausgelotet werden, welche Stationen bzw. Strategien sich als zielführend herausstellen. Welches Zeitfenster muss eingeplant werden, bis die ersten Maßnahmen greifen und über welche Kanäle werden diese im Unternehmen kommuniziert?
- Und zu guter Letzt muss natürlich auch Erfolg bemessen und Auskunft gegeben werden, welche Wirkung sich auf Maßnahmen eingestellt hat? Was kann optimiert werden, einstellen oder auf andere Abteilung oder ganze Unternehmensbereiche ausweiten?
Hierfür bieten sich Nach- bzw. Umfragen in Mitarbeitergesprächen und Kundenterminen an. Zudem lassen sich auch Kennzahlen wie die Fluktuationsraten prüfen, um eine positive Entwicklung bei der Mitarbeiterbindung zu erkennen.
Dazu sollten HR-Abteilungen mit weit aufgesperrten Ohren die Unternehmensflure abgrasen wie Gnus die Savannen im Okavango-Becken. Denn der viel zitierte Flurfunk kann aufmerksamen Zuhörern viel über die Mitarbeiterzufriedenheit und das Klima im Büro und die Sinnhaftigkeit von Veranstaltungen wie gemeinsame Kochabende verraten.
Die Hürden des Diversity Managements
Wie bereits ausgearbeitet, können Diversity und interkulturelles Management einen großen Anteil an neuen Impulsen bringen und zu einer gesteigerten Wertschöpfung beitragen. Im Allgemeinen läuft diese neue Ausrichtung aber nicht ganz ohne Hindernisse ab. Denn solche Diversity Management Maßnahmen bergen auch einiges an Konfliktpotenzial in sich.
Denn bei so viel unterschiedlicher Lebenserfahrung und verschiedenen Perspektiven, die in einem Team aufeinandertreffen, ist mehr als nur eine Handvoll Toleranz, Empathie und Akzeptanz vonnöten, damit Konflikte nicht völlig aus dem Ruder laufen. Deshalb sollte die Devise immer heißen: Augen auf beim Konfliktverlauf:
- Sind Unstimmigkeiten im Team zu erkennen, die sich einfach nicht klären lassen, sondern immer unter der Oberfläche wabern?
- Lassen sich Machtspielchen ausmachen, ein schwieriges Arbeitsklima aufgrund von toxischen Kollegen bzw. Vorgesetzten erkennen oder sogar Anzeichen von Mobbing feststellen?
Gerade bei diesen Problemen muss es im Unternehmen einen oder mehrere Ansprechpartner geben, damit sich die Betroffenen nicht alleingelassen fühlen. Offenheit und Transparenz müssen hier besonders von den Führungskräften vorgelebt werden und ein regelmäßiger Turnus von Feedbackgesprächen sollte fest eingeplant sein.
Ähnliche Problematiken tun sich auch bei der Mentalität auf, die sich negativ auf die Zusammenarbeit auswirken können. Immerhin heißt es ja nicht umsonst: andere Länder, andere Sitten.
Das gilt auch für Arbeitsprozesse. Schließlich sind die Chancen groß, dass Arbeitsprozesse in Schweden ganz anders in Angriff genommen werden als in Südafrika. Gleiches gilt auch für den Altersunterschied. Immerhin wird ein 50-Jähriger ganz anders an seine Aufgaben herangehen als eine 30-Jährige. Hier gilt es, einen guten Mittelweg zu finden, der für alle Parteien funktioniert und sich am Ende zielführend für das Unternehmen gestaltet. Interkulturelle Workshops oder Informationsveranstaltungen können hier sensibilisieren, um schneller ans Ziel zu kommen.
Als problematisch gestaltet sich auch das Vorurteil des „Quoten-Mitarbeitenden“. Diese werden aufgrund der Umstände ihrer Anstellung mitunter als übervorteilte und leistungsschwächere Mitarbeiter abgekanzelt, die es nur dank der Quote nicht aufgrund ihrer Fähigkeiten in eine Position geschafft haben. Diese engstirnige Einstellung kann zur Folge haben, dass Geschlecht, Alter oder Hautfarbe zum Gegenstand der Kritik werden.
Allheilmittel sind schwierig zu versprechen und noch schwieriger zu verteilen, doch bewährt haben sich in solchen Fällen immer wieder eine offene Kommunikation, eine transparente Unternehmenskultur, die deutlich machen, warum ein neues Mitglied gerade dieses Team in Zukunft unterstützt. In diesem Zusammenhang lassen sich unbewusste Vorurteile auch direkt enttarnen, sodass die neuen Teammitglieder nicht als Stellvertreter von Minderheiten, sondern als berufliche und kulturelle Bereicherung der Belegschaft verstanden werden.
Management der Vielfalt – Eine Notwendigkeit
Im Zuge von Unternehmenszusammenschlüssen werden vor allem international tätige Konzerne mit Zielsetzung und Leitlinien des Diversity Management amerikanischer Prägung konfrontiert und fungieren als Katalysator bei der Entwicklung eines europäisch geprägten Diversity Management. Viele Großunternehmen setzen Diversity Management heute bereits als strategisches Management-Instrument ein.
In vielen Konzernen existieren eigene Abteilungen von Diversity Beauftragten, die sich mit diesem Thema befassen und für die Umsetzung zuständig sind. Diese Teams arbeiten eng mit der Personalabteilung zusammen oder sind strukturell in diese eingebunden. Kleine und mittelständische Unternehmen können dagegen meist nur einzelne Maßnahmen umsetzen, die häufig im Bereich des E-Recruiting angesiedelt sind.
Genau diese Aspekte und die genannten Vorteile sind es, die das Diversity Management nicht nur zu einem Nice-to-have machen, sondern zu einer absoluten Notwendigkeit. Dennoch sollte man sich den Chancen und Risiken gleichermaßen bewusst sein und eine Strategie entwickeln, bevor man sich direkt an die Umsetzung macht und es nachher noch zum „Kampf der Kulturen“ kommt.
Erfolgreiche, deutsche Diversity Management Unternehmen wie Porsche oder Volkswagen haben die Wandlung nicht von heute auf morgen vollzogen, sondern Werte und Grundsätze neu aufgesetzt und in der Unternehmenskultur fest verankert. Der VW-Konzern hat zudem sein Versprechen für mehr Chancengleichheit und Vielfalt im Unternehmen an die „Together-Strategie 2025“ gekoppelt.
Dennoch gibt es in diesem Bereich auch immer noch einiges an Nachholbedarf, denn Vorurteile und Stereotypen sind in jeder Gesellschaft fest verankert und sitzen tief wie ein Stachel, der sich immer wieder aufs Neue entzünden kann. Beispiel gefällig: Eine gemeinsame Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und der Universität Bielefeld, in der die Arbeitsbedingungen von LGBTQI*-Menschen untersucht, besagt im Jahr 2020, dass beinahe jeder dritte Mensch, der sich als schwul, lesbisch, queer, trans- und intersexuell geoutet hat und solche, die sich keiner dieser Identitäten zuordnen möchten (repräsentiert durch das Sternchen), sich im Job Diskriminierungen ausgesetzt fühlen.
Hier ist also immer noch einiges zu tun, aber richtig auf- und umgesetzt, lässt sich der Traum jeder HR-Abteilung erreichen: besser funktionierende Teams, die wie eine gut geölte Maschine laufen, eine zufriedenere Belegschaft und daraus resultierend ein gesteigerter Umsatz.
Natürlich ist Diversity Management kein Allheilmittel, sondern nur ein Rädchen in einem gelungenen Personalmanagement. Aber ein zentrales, wenn richtig verstanden, kann es sich von einem lapidaren Buzzword zu einem unverzichtbaren Instrument im Personalwesen entwickeln.