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Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

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Damit im Falle einer Erkrankung eines Arbeitnehmers, dessen Existenz nicht bedroht ist, hat der Gesetzgeber im Rahmen der sozialen Absicherung das Anrecht auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall festgeschrieben. Trotz der umfangreichen gesetzlichen Regelungen im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) kommt es in der Praxis doch immer wieder zu Unklarheiten.

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Wer zahlt wann?

Jeder gesetzlich versicherte Arbeitnehmer hat im Falle der Arbeitsunfähigkeit ein Anrecht darauf, dass ihm der Arbeitslohn in voller Höhe weitergezahlt wird – aber nur maximal sechs Wochen lang. Sobald diese Zeit abgelaufen ist, springt die Krankenkasse ein und sorgt für den Lebensunterhalt des Arbeitnehmers. Sie zahlt 70 Prozent des Bruttoentgelts, maximal jedoch 90 Prozent des Nettoentgelts. Für dieselbe ununterbrochene Erkrankung können innerhalb von drei Jahren höchstens 78 Wochen Krankengeld beansprucht werden.

Anspruch auf Lohnfortzahlung

Erkranken Arbeitnehmer arbeitsunfähig, haben sie einen Anspruch auf Lohnfortzahlung, sofern sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Sozialversicherungspflicht: Lohnfortzahlung ist für jedes sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis zu leisten, unabhängig von der Arbeitszeit. Dies gilt neben Voll- und Teilzeitbeschäftigten auch für Werkstudenten, Praktikanten, befristet angestellte Mitarbeiter, Minijobber, Auszubildende und Saisonkräfte.
  • Erfüllte Wartezeit: Erst nach vier Wochen ununterbrochener Tätigkeit für den Arbeitgeber entsteht der Anspruch auf Lohnfortzahlung. Während dieser Zeitspanne erhält der Mitarbeiter bei einer Erkrankung lediglich Krankengeld von der Krankenkasse.
  • Arbeitsunfähigkeit: Der Arbeitnehmer ist aufgrund der Erkrankung oder Verletzung nicht in der Lage, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Ein Landschaftsgärtner wäre etwa durch einen verstauchten Finger stärker eingeschränkt als eine Bürokraft. Ob eine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, entscheidet der behandelnde Arzt.
  • Unverschuldete Arbeitsunfähigkeit: Hat der Arbeitnehmer seine Erkrankung nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, gilt sie als unverschuldet.
  • Erkrankung während der Arbeitszeit: Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht nur, wenn durch die Erkrankung ein Arbeitstag betroffen ist, auch wenn der Arbeitnehmer an diesem Tag Urlaub gehabt hätte oder auf Dienstreise gewesen wäre. Arbeitsfreie Tage, etwa am Wochenende oder während einer Elternzeit, ziehen keine Lohnfortzahlungspflicht nach sich.
  • Meldung der Arbeitsunfähigkeit: Der Mitarbeiter muss dem Arbeitgeber mitteilen, wenn er arbeitsunfähig erkrankt ist, etwa telefonisch, per E-Mail oder über einen Boten. Spätestens am dritten Tag der Erkrankung muss er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung seines Arztes vorlegen. Diese Frist kann vom Arbeitgeber auf einen Tag verkürzt werden. Die Ursache seiner Erkrankung muss der Arbeitnehmer hingegen nicht angeben. Ab dem 1. Januar 2022 übermittelt die Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung automatisch in digitaler Form an den Arbeitgeber.

Dauer der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: bis zu sechs Wochen

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Der Arbeitgeber muss das Entgelt für sechs Wochen bzw. 42 Kalendertage weiterzahlen. Diese Frist beginnt für jede Krankheit erneut zu laufen. Bei mehreren Erkrankungen lassen sich verschiedene Szenarien unterscheiden, folgend ein paar Beispiele zur Veranschaulichung:

Praxisbeispiel Nr. 1

Ein Arbeitnehmer leidet etwa einmal monatlich für mehrere Tage unter Migräneattacken.

Wirkung auf die Lohnfortzahlung: Alle Einzelerkrankungen werden addiert, da sie auf dieselbe Ursache zurückzuführen sind. Sobald 42 Tage erreicht sind, endet die Lohnfortzahlung. Zwölf Monate nach der ersten Erkrankung beginnt ein neuer Lohnfortzahlungszeitraum.

Praxisbeispiel Nr. 2

Ein Mitarbeiter ist fünf Wochen krankgeschrieben und arbeitet danach wieder. Wenig später fällt er aufgrund derselben Ursache für weitere drei Wochen aus.

Wirkung auf die Lohnfortzahlung: Nach der sechsten Woche entfällt die Lohnfortzahlung. Ab der siebten Woche springt die Krankenkasse ein.

Praxisbeispiel Nr. 3

Ein Mitarbeiter muss sich wegen eines Tumors einer Chemotherapie unterziehen. Neun Monate später ist der Krebs zurück und eine erneute Behandlung ist erforderlich.

Wirkung auf die Lohnfortzahlung: Für beide Behandlungsphasen besteht der volle Lohnfortzahlungsanspruch von bis zu sechs Wochen, weil zwischen beiden Erkrankungen mindestens sechs Monate vergangen sind.

Praxisbeispiel Nr. 4

Eine Mitarbeiterin ist wegen einer Grippe krankgeschrieben. Währenddessen bricht sie sich zu Hause ihren Arm.

Wirkung auf die Lohnfortzahlung: Beide Erkrankungen werden zusammengerechnet. Insgesamt kann nur ein Lohnfortzahlungszeitraum von sechs Wochen beansprucht werden.

Praxisbeispiel Nr. 5

Ein Mitarbeiter ist wegen einer Grippe krankgeschrieben. Unmittelbar nach seiner Gesundung bricht er sich seinen Arm.

Wirkung auf die Lohnfortzahlung: Für beide Erkrankungen besteht gesonderte Lohnfortzahlungspflicht, zum Beispiel zwei Wochen für die Grippe und sechs Wochen für den Armbruch.

Höhe der Entgeltfortzahlung bei Krankheit

Die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers beträgt 100 Prozent des Entgelts, das ihm ohne Arbeitsunfähigkeit zugestanden hätte (Lohnausfallprinzip). Doch wie wird sie berechnet, wenn weitere Zuschläge (z. B. für Sonn- und Feiertagsarbeit) anfallen? Wären sie für einen ausgefallenen Arbeitstag berechnet worden, muss der Arbeitgeber sie auch in die Entgeltfortzahlung einbeziehen. Dasselbe gilt für vermögenswirksame Leistungen. Nicht berücksichtigt werden hingegen Überstundenvergütungen und -zuschläge, Fahrtkostenzuschüsse, Auslösungen und Schmutzzulagen. Bei schwankenden Gehältern geht man von einem Durchschnittswert aus. In der Praxis wird dieser aus den letzten drei Gehältern berechnet.

Die Umlage U1: Erstattung der Lohnfortzahlung für kleine Arbeitgeber

Arbeitgeber mit weniger als 30 Mitarbeitern müssen verpflichtend in die Umlage U1 einzahlen. Die Umlage beträgt je nach Tarif der Krankenkasse 1 bis 4 Prozent der Bruttogehälter der Arbeitnehmer. Wird ein Mitarbeiter krank, kann sich der Arbeitgeber einen Teil des fortgezahlten Betrags erstatten lassen. Dieser Erstattungssatz variiert zwischen den Krankenkassen und in Abhängigkeit vom gewählten Tarif – bis zu 80 Prozent Erstattung sind möglich.

Häufige Fragen rund um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

Wann ist eine Erkrankung selbst verschuldet?

Bei dieser Frage handelt es sich stets um gerichtliche Einzelfallentscheidungen. In besonderen Situationen ist die Beurteilung nicht immer eindeutig:

Lohnfortzahlung

  • Spende von Organen oder Gewebe
  • Stammzellenspende
  • nicht rechtswidriger Abbruch einer Schwangerschaft oder Sterilisation
  • Rehabilitationsmaßnahmen
  • normale Sportunfälle

keine Lohnfortzahlung

  • Unfall wegen Autofahrens unter Einfluss von Drogen oder Alkohol
  • Verletzung infolge einer selbst begonnenen Schlägerei
  • Nachwehen einer durchzechten Nacht
  • Sportunfälle bei Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko
  • künstliche Befruchtung
  • Schönheitsoperation

Besonders häufig kommt es wegen Sportverletzungen zum Streit. Alleine die Ausübung einer Sportart zieht kein Verschulden nach sich. Entsteht die Verletzung aber grob fahrlässig, etwa weil auf erforderliche Schutzkleidung verzichtet wurde oder ein Skifahrer abseits der Pisten gefahren ist, kommt ein Ausschluss der Lohnfortzahlung infrage.

Wie sieht es bei einer COVID-19-Erkrankung mit der Lohnfortzahlung aus?

Erkrankt ein Arbeitnehmer an COVID-19, so steht ihm die normale Lohnfortzahlung zu. Wird hingegen aufgrund des Verdachts einer Infektion eine Quarantäne oder ein Beschäftigungsverbot angeordnet, erhält er eine Entschädigungszahlung in Höhe des Krankengeldes zunächst vom Arbeitgeber ausbezahlt. Dieser kann sie sich anschließend in Übereinstimmung mit dem Infektionsschutzgesetz vom zuständigen Gesundheitsamt erstatten lassen.

Wann endet die Lohnfortzahlung?

Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet auch der Anspruch auf Lohnfortzahlung. Ausnahmen können gelten, wenn die Kündigung oder ein Aufhebungsvertrag in Zusammenhang mit der Erkrankung steht. Dann muss der Arbeitgeber unter Umständen auch nach der Beendigung der Zusammenarbeit Lohnfortzahlung leisten.

Was passiert bei Kurzarbeit mit der Lohnfortzahlung?

Wird im Unternehmen verkürzt gearbeitet, so ist auch die Lohnfortzahlung an die entsprechend geminderte Arbeitszeit anzupassen.

Zählt der erste Tag der Erkrankung auch zur Lohnfortzahlungspflicht?

Die Sechs-Wochen-Frist beginnt erst am Tag nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Der erste Tag wird jedoch einbezogen, wenn die Arbeitsunfähigkeit bereits vor Arbeitsbeginn eingetreten ist.

Darf der erkrankte Mitarbeiter Freizeitaktivitäten nachgehen?

Auch wenn es für den Arbeitgeber oft nicht nachvollziehbar ist: Der erkrankte Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, zu Hause zu bleiben. Sofern dies seine Genesung nicht verzögert, kann er also problemlos shoppen gehen, sich im Restaurant mit Freunden treffen oder spazieren gehen. Ausnahme: Hat der Arzt Bettruhe verordnet, ist diese auch einzuhalten.

Übrigens: Die Ausübung einer Nebentätigkeit während der Lohnfortzahlung ist ein anerkannter Grund für eine fristlose Kündigung.

Darf bei Erkrankung das Weihnachtsgeld gestrichen werden?

Der Arbeitgeber kann Sondervergütungen wie das Urlaubs- oder Weihnachtsgeld kürzen, sofern eine vertragliche Vereinbarung dies vorsieht (z. B. in einer Betriebsvereinbarung). Berechnen Sie dafür das durchschnittliche Gehalt pro Arbeitstag im Jahresdurchschnitt. Die Sondervergütung darf pro Tag der Arbeitsunfähigkeit höchstens um ein Viertel dieses Betrags gekürzt werden.

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