Jeder Manager hat irgendwann seinen ersten Arbeitstag in der neuen Führungsrolle – doch längst nicht jeder ist für diese neue Funktion wie geboren. Im schlimmsten Fall können Führungskräfte ohne Erfahrung schwerwiegende Fehler begehen und viel verbrannte Erde hinterlassen, was es auch ihren Nachfolgern schwer macht, das Ruder zu übernehmen. Die folgenden häufigen Fehler sollten sie deshalb unbedingt vermeiden.
#1 Zu geringe Distanz zu den Mitarbeitern
Wer direkt aus den eigenen Reihen zur Führungskraft aufsteigt, pflegt meist ein freundschaftliches Verhältnis zu seinen Kollegen. In der neuen Rolle ist allerdings eine gewisse professionelle Distanz zu den Teammitgliedern gefragt. Insbesondere wenn es zu kritischen Situationen kommt, ob im strategischen Umfeld (z. B. anstehende Kündigungen) oder im beruflichen Alltag, verhindern zu intensive Freundschaften mit den Mitarbeitern oft die richtigen Entscheidungen.
#2 Sich vor operativen Aufgaben drücken
Natürlich erledigt der Chef vorrangig seine Führungsaufgaben – um das operative Geschäft kümmert sich sein Team. Aber: Wenn Not am Mann ist, wünschen sich die Mitarbeiter einen Vorgesetzten, der sich nicht zu schade ist, die Hemdsärmel hochzukrempeln und mit anzupacken. Hier gilt es, als gutes Vorbild voranzugehen und zu zeigen, dass sich die Mitarbeiter auf ihren Vorgesetzten verlassen können.
#3 Wissen für sich behalten
Der Vorgesetzte erhält Informationen von oben meist als erster. Behält er diese jedoch stets für sich, statt sie mit seinem Team zu teilen, befeuert dies nur das Gerede und die Stimmung verschlechtert sich zunehmend. Besonders wichtig ist eine transparente Kommunikation, wenn im Unternehmen Veränderungen anstehen, etwa geplante Restrukturierungen. Eine gute Führungskraft gibt Informationen, die die Mitarbeiter betreffen, nicht nur auf Nachfrage preis, sondern entscheidet aktiv über den idealen Zeitpunkt dafür.
#4 Sofort alles umkrempeln
Ist die Abteilung bisher nicht so gelaufen, wie es sich die Geschäftsführung vorgestellt hat? Dann sind die Erwartungen an die neue Führungskraft groß. Dennoch ist es nicht ratsam, direkt ab dem ersten Tag alles auf links zu stülpen und alle bewährten Abläufe zu verändern. Blinder Aktionismus führt dazu, dass die Mitarbeiter die Veränderungen nicht mittragen und sich im schlimmsten Fall sogar verweigern oder die neue Führungskraft sabotieren. Sinnvoller ist es, mit den Beschäftigten über ihre Sicht zu sprechen, Ideen zu sammeln, gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und diese Schritt für Schritt umzusetzen. Diese Vorgehensweise dauert zwar länger, ist aber durch die Akzeptanz seitens der Mitarbeiter auch nachhaltiger.
#5 Eigenen Führungsstil nicht überdenken
Eine unerfahrene Führungskraft muss ihren Führungsstil erst noch finden. Vieles ist von den eigenen Werten und Erlebnissen in der Vergangenheit geprägt. Dennoch sollte eine Führungskraft nicht davon ausgehen, dass sich schon alles finden wird, wenn sie erst einmal beginnt – sonst schleichen sich von Anfang an unerwünschte Fehler ein. Zielführender ist es zu hinterfragen, welche Art von Führungskraft man sein möchte. Dabei kann es helfen, eigene Erfahrungen mit schlechten Chefs einzubeziehen.
Unser Tipp: Vorgesetzte werden darauf getrimmt, ihre Mitarbeiter auf alle erdenklichen Arten zu motivieren. Müssen sie gar nicht. Es reicht vollkommen, sie nicht zu demotivieren. Wir sprechen über Ursachen und Folgen destruktiver Führung mit Prof. Dr. Frank Walter, Professor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Organisation und Personal an der Uni Gießen.
#6 Eigene Fehler nicht zugeben können
Fehler sind menschlich – auch bei Führungskräften. Gesteht sich der Chef jedoch Fehler nicht ein und sucht die Schuld chronisch bei seinen Mitarbeitern, verliert er nicht nur deren Vertrauen, sondern auch seine Glaubwürdigkeit. Fehler einzugestehen, sorgt nicht nur dafür, dass die Sache beim nächsten Mal richtig gemacht wird, sondern zeigt auch persönliche Größe und die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren. Zudem schafft der Vorgesetzte damit eine offene Fehlerkultur, in der auch die Mitarbeiter sich trauen, Fehler zuzugeben. Nur so kann die Organisation aus ihnen lernen.
#7 Den Mitarbeitern nicht zuhören
Hört die Führungskraft ihren Mitarbeitern nicht zu und ist schlecht erreichbar, erfährt sie von Problemen immer zuletzt. Werden Ideen nicht gehört, persönliche oder berufliche Herausforderungen der Beschäftigten ignoriert und dringliche Fragen nicht beantwortet, leidet die Motivation der Mitarbeiter und es entstehen Missverständnisse, Konflikte und Fehler. Eine gute Führungskraft schenkt ihren Mitarbeitern ein offenes Ohr, ist in der Firma präsent und gut erreichbar.
#8 Immer eine offene Türe haben
Das in vielen Unternehmen praktizierte Prinzip der „offenen Tür“ lädt die Mitarbeiter zur Unselbstständigkeit ein. Es verleitet nämlich dazu, jede noch so kleine Hürde direkt mit dem Chef zu besprechen, statt selbstständig Lösungsansätze zu entwickeln. Zudem führen die ständigen Störungen auch zu einer ineffektiven Arbeit der Führungskraft. Sinnvoller ist es, mit den Mitarbeitern Termine zu vereinbaren, bei denen sie die ungeteilte Aufmerksamkeit des Chefs bekommen, oder feste Zeitfenster für sie einzurichten, ähnlich wie bei einer offenen Sprechstunde.
#9 Konflikte vermeiden
Viele unerfahrene Führungskräfte fürchten, dass es zu viel Unruhe ins Team bringt, Konflikte anzusprechen und auszutragen – und gehen ihnen deshalb völlig aus dem Weg. Tatsächlich verschlimmern sich Konflikte zunehmend, je später sie angesprochen werden. Erfolgreiche Führungskräfte kommunizieren klar, reagieren bei Problemen früh und geben ihren Mitarbeitern konstruktives Feedback. So lassen sich Konflikte lösen und beseitigen, solange sie noch klein und unbedeutend erscheinen.
#10 Keine Tipps annehmen
Wer erstmals in eine Führungsposition einsteigt, wird früher oder später in eine Situation kommen, in der er nicht weiterweiß oder auch unbemerkt Fehler begeht. Der Chef sollte nicht zögern, Tipps von anderen Managern anzunehmen und umzusetzen. Dies ist kein Zeichen von Schwäche. Stattdessen demonstriert die Führungskraft ihre Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln und das Beste aus ihrer Führungsarbeit herauszuholen. Auch für erfahrene Führungskräfte kann es gut sein, einen anderen Manager als Sparringspartner zu haben, der seine abweichende Sichtweise zu bestimmten Themen klar kommuniziert.
Unser Tipp: Wie kann man Mitarbeiter motivieren? Da gibt es zwar hunderte Meinungen zu, aber irgendwie war auch noch keine eierliegende Wollmilchsau dabei. Der oft gegangene Weg mithilfe der sprichwörtlichen Möhre vor der Nase, also Geld, Boni, Beförderungen etc funktioniert höchstens kurzfristig, wie zahlreiche Studien immer wieder bestätigen. Markus Jotzo ist seit über 15 Jahren Führungskräftetrainer und Coach und behauptet: Der wichtigste Motivationsfaktor für Mitarbeiter ist den Führungskräften überhaupt nicht bekannt.
#11 Alles am besten wissen wollen
Viele Vorgesetzte haben das Gefühl, dass sie als Chef die Hand über allem haben, was im Team abläuft. Sie mischen sich deshalb in fachliche Diskussionen ein und sehen ihre Meinung als die einzig richtige an. Besonders häufig ist dieses Verhalten bei Vorgesetzten zu beobachten, die zuvor selbst die Rolle eines Spezialisten innehatten und dann zur Führungskraft aufgestiegen sind. Langfristig führt dies aber dazu, dass die Mitarbeiter verärgert und der Chef überlastet ist. Die Führungskraft sollte sich auf ihre vorrangigen Aufgaben konzentrieren. Diese liegen in der Mitarbeiterführung und Steuerung des Teams. Fachliche Fragen delegiert ein guter Chef an jene Mitarbeiter, die das erforderliche Fachwissen besitzen, und vertraut auf deren fachliche Expertise. So gewinnt er Zeit, um die strategischen Ziele des Unternehmens zu verfolgen.
Wie wird man eine gute Führungskraft?
Auf diese Frage gibt es wohl kaum eine zufriedenstellende Antwort, weil sie zu sehr von den persönlichen Erfahrungen der Führungskraft, dem Unternehmen und der Zusammensetzung des Teams abhängig ist. Die folgenden Grundsätze helfen jedoch auch unerfahrenen Führungskräften dabei, sich in ihre neue Rolle einzufinden:
- Erwartungen klar kommunizieren
- als gutes Vorbild vorangehen
- Verantwortung an Mitarbeiter delegieren und Freiräume schaffen
- so viel Kontrolle wie nötig, so wenig wie möglich
- Entscheidungen treffen und konsequent sein
- Informationen weitergeben
- Mitarbeitern Anerkennung zeigen
- dem Team Visionen aufzeigen und Leidenschaft wecken
- Konflikte offen ansprechen
- Neuem gegenüber immer offenbleiben
- stets verlässlich sein
Wer diese Punkte beherzigt, wird viele der häufigsten Fehler von unerfahrenen Führungskräften von vornherein vermeiden können.