Stellen Sie sich eine Arbeitswelt vor, in der jedes Teammitglied aus einem anderen Land stammt. Eine Welt, in der unterschiedliche Kulturen, Sprachen und Traditionen aufeinandertreffen und zusammenarbeiten müssen. Klingt unrealistisch? Soweit würden wir nicht gehen – es klingt eher herausfordernd. Und das ist es auch. Doch die sich daraus entwickelnden interkulturellen Kompetenzen bieten Unternehmen viele Mehrwerte.
Solche Kompetenzen entwickeln sich immer mehr von einer netten Zusatzqualifikation zu etwas, dass Arbeitnehmende mitbringen und Arbeitgeber fördern sollten. Unsere Welt wird immer globaler, vernetzter, Barrieren werden abgebaut. Es gilt also, auf Augenhöhe und respektvoll mit Menschen verschiedener Kulturen zu interagieren. Das ist entscheidend für den Erfolg eines jeden Unternehmens. Doch wie kann das gelingen und wie fördern Sie als Arbeitgeber oder Personalverantwortliche diese Skills?
Definition: Was ist interkulturelle Kompetenz?
Interkulturelle Kompetenz ist ein Sammelbegriff für alle Fähigkeiten, angemessen in interkulturellen Situationen zu agieren. Basis dafür ist das Wissen über eigene und fremde Kulturen – aber auch ein Bewusstsein für kulturelle Unterschiede und das Talent, dieses Wissen in der Praxis anzuwenden.
Dabei spielten interkulturelle Kompetenzen in vielerlei Bereichen eine Rolle – allen voran für den Erfolg von Auslandsaktivitäten. Das geben 80 Prozent aller befragten Unternehmen in einer Studie der IW Consult an. Doch welche Skills und Fähigkeiten zählen überhaupt in diesen Bereich?
Welche Skills und Fähigkeiten zählen zu den interkulturellen Kompetenzen?
Interkulturelle Kompetenz setzt sich aus mehreren Schlüsselqualifikationen zusammen. Dazu gehören unter anderem:
- Bewusstsein und Sensibilität für Kulturen: Klingt banal, ist aber sehr wichtig – das Bewusstsein für die Existenz verschiedener Kulturen sowie eine Sensibilität für kulturelle Unterschiede sind grundlegend.
- Kommunikationsfähigkeit: Wie kommuniziere ich über kulturelle Grenzen hinweg? Das erfordert weit mehr als nur sprachliche Fähigkeiten. Es geht darum, nonverbale Signale zu deuten, Missverständnisse zu vermeiden und in einer respektvollen Weise zu kommunizieren.
- Anpassungskompetenz und Flexibilität: Das flexible Anpassen an verschiedene kulturelle Kontexte ist ein wichtiger Aspekt interkultureller Kompetenz.
- Respekt und Toleranz: Grundlegender Respekt und Toleranz gegenüber anderen Kulturen sind essenziell – immer.
- Empathie und Selbstreflexion: Vor allem Selbstreflexion ist wichtig, um die eigenen kulturellen Prägungen zu hinterfragen und offen für Neues zu sein.
Beispiele aus dem Unternehmensalltag
Beispiele für interkulturelle Kompetenzen sind so vielfältig wie die Kulturen weltweit selbst. Machen wir einige Beispiele aus dem Unternehmensalltag für ein besseres Verständnis: Stellen Sie sich vor, Sie sind global unterwegs. Bei einem Abendessen in Japan beginnen Sie etwa erst mit dem Essen, nachdem der ranghöchste Gast den ersten Bissen genommen hat – ein Zeichen des Respekts.
Bei uns in Deutschland ist Pünktlichkeit bei einem Meeting wichtig, beim Smalltalk ist das Thema Gehalt und Geld oft tabu – in China wiederum sind das gern gesehene Gesprächsbausteine. Überqueren Sie den Atlantik nach Brasilien, ist eine herzliche Begrüßung mit Umarmungen selbst im formellen Rahmen bei einem Geschäftstermin üblich.
Vorteile für Arbeitgeber: warum ist interkulturelle Kompetenz im Beruf und Unternehmen so wichtig?
Wir könnten die Liste an Beispielen noch länger fortführen, was damit klar werden soll: Die Fähigkeit, sich kulturell angemessen zu verhalten, ist für den Erfolg in einer global vernetzten Geschäftswelt unerlässlich – und diese interkulturelle Kompetenzen zu fördern eine Aufgabe von Personalverantwortlichen und Arbeitgebern.
Das bringt gleich mehrere Vorteile mit sich:
- Verbesserung der Geschäftsbeziehungen zu internationalen Partnern und dadurch auch möglicherweise neue Geschäftschancen
- Durch diverse und kulturell starke Teams effektivere Zusammenarbeit, was oft in mehr Innovation und Kreativität mündet
- Steigerung der Arbeitgeberattraktivität, eine hohe interkulturelle Kompetenz im Unternehmen zahlt auf die Arbeitgebermarke ein und zieht Mitarbeitende aus aller Welt an
- Das Erkennen kultureller Missverständnisse hilft dabei, Konflikte im Arbeitsumfeld zu minimieren, was wiederum in einem besseren Arbeitsklima resultiert
Oder in anderen Worten vereinfacht zusammengefasst: Durch das Verständnis und die Anpassung an diese kulturellen Unterschiede können Sie nicht nur Ihre internationalen Geschäftsbeziehungen vertiefen, sondern auch Missverständnisse vermeiden und die Zusammenarbeit stärken.
So fördern Sie als Unternehmen interkulturelle Kompetenz
Natürlich ist es für Unternehmen nicht einfach, Mitarbeitende zu finden, die interkulturelle Kompetenzen mitbringen. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie des British Council – und zwar bereits im Jahr 2012.
Umso wichtiger ist es im HR, solche Kompetenzen auch innerhalb der eigenen Belegschaft zu fördern. Arbeitnehmende müssen die Chance erhalten, sowohl gezielt interkulturelle Kompetenz zu erlernen, als auch sie durch Auslandsaufenthalte oder einen abwechslungsreichen Alltag „spielerisch“ zu erleben.
Auslandsaufenthalte
Der wohl größte Hebel zur Förderung interkultureller Kompetenz liegt im Möglichmachen eines Aufenthalts im Ausland für Ihre Mitarbeitenden. Eine Studie der Hochschule Osnabrück zeigt, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen (längeren) Auslandsaufenthalten und kognitiver, motivationaler und verhaltensbezogener interkultureller Kompetenz gibt.
Ermutigen Sie also Ihre Mitarbeitenden, durch Einsätze im Ausland direkte Erfahrungen in verschiedenen kulturellen Umgebungen zu sammeln. Klar: Nicht in jedem Unternehmen ist das möglich, nicht überall gibt es Standorte oder Kundschaft im Ausland – vielleicht gibt es aber auch Partnerschaften mit anderen Organisationen. Werden Sie kreativ.
Interkulturelle Teams bilden
Wenn Auslandsaufenthalte nicht möglich sind – und natürlich auch darüber hinaus – sollten Sie interkulturelle Teams bilden. Das beginnt bereits bei der Einstellung von neuen Talenten. Achten Sie hier darauf, Menschen unterschiedlicher kultureller Ausprägungen zu rekrutieren – Stichwort Diversity Management.
Mit einer Bewerbermanagement Software beispielsweise behalten Sie Ihre Kandidaten und Kandidatinnen im Blick und erkennen wer welche (interkulturellen) Kompetenzen mitbringt.
Einbindung der Vielfalt in die Unternehmenskultur
Dieser Punkt klingt auf den ersten Blick etwas abstrakt. „Vielfalt einbinden“ meint hier, die Diversität auch im Alltag zu fördern. Forschungen zeigen, dass Unternehmen mit einer vielfältigen Belegschaft oft kreativer und produktiver sind.
Workshops, Schulungen und Seminare
Bei den ersten drei Möglichkeiten fördern Sie interkulturelle Kompetenzen eher unterbewusst. Es geht aber auch anders: Regelmäßige und ganz gezielte Bildungsangebote, die speziell auf die Entwicklung interkultureller Kompetenzen ausgerichtet sind, verbessern in der Regel das Bewusstsein und die Fähigkeiten der Belegschaft deutlich.
Solche Schulungen decken viele Aspekte ab, die wichtigsten sind:
- kulturelle Sensibilität
- Kommunikationsstile
- Konfliktmanagement
Auch interkulturelle Mentoring-Programme sind denkbar, wenn auch nicht in jedem Betrieb umsetzbar. Hier geben „kulturell erfahrenere“ Mitarbeitende ihr Wissen an jüngere Kollegen und Kolleginnen systematisiert weiter.
Fazit: Mehr Must-have als Nice-to-have
Unsere Welt wird immer globalisierter. Es dürfte auf der Hand liegen: Interkulturelle Kompetenz ist schon heute an vielen Stellen unverzichtbar, längst nicht mehr nur ein „Nice-to-have“. Als Personalverantwortliche oder Geschäftsführende zählt es zu Ihren Aufgaben, diese Fähigkeiten zu fördern. Davon profitieren alle – die eigene Unternehmensentwicklung, die Arbeitgebermarke, die attraktiver wird, sowie die eigenen Mitarbeitenden, die in einem diversen Umfeld arbeiten.
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